Von der Landhausvilla zum „Lost Place“: Villa Berg in Stuttgart

Als Landhausvilla im Stil der italienischen Hochrenaissance in den Jahren 1845–1853 von Christian Friedrich von Leins erbaut, zeigt sich das Gebäude heute im Villa Berg Park in einem trostlosen Zustand.

Einziger Lichtblick die „Window Paintings“ von Andrea Lüth aus dem Jahr 2022 und die Aussicht, diesen „Lost Place“ in den nächsten Jahren zu einem Kulturzentrum wieder zum Leben zu erwecken. „Es entsteht ein höchsten musikalischen Ansprüchen genügender und trotzdem für alle Menschen zugänglicher Kulturort“, so der Planungsstab für dieses Projekt. Die Fertigstellung ist für 2028 geplant.

Bekannt war mir die Villa Berg noch aus der Zeit, in der der Süddeutsche Rundfunk (heute SWR) Konzerte aus den darin befindlichen Sendesaal im Radio übertrug. Das ist aber schon lange Geschichte. Seit 2005 steht die als Sommerresidenz für das württembergische Kronprinzenpaar und späterem Königspaar Karl und Olga erbaute Villa leer. Nun soll sie wieder „zum Leben erweckt werden“. Mehr dazu: HIER)

Angekommen: Frühling 2023 – Was mein „Forsythienindikator“ anzeigt

Blühbeginn: 18.März 2023

Seit 2010 beobachte ich den Frühlingsbeginn in meinem Garten. Indikator für den Beginn ist das Aufblühen der Forsythie.

Mein Forsythien-Kalender reicht nicht so weit zurück wie der Hamburger, er ist auch nicht vollständig, zeigt aber ebenfalls recht unterschiedliche Blühbeginne. Nach dem Phänologischen Kalender beginnt mit der Forsythien-Blüte der „Erstfrühling“.

Meine „Aufzeichnungen“ über den Beginn der Blüte:

27.03.10,  12.04.13,  10.03.14,  27.03.15,  29.03.16,  16.03.17, 01.04.18, 12.03.19, 09.03.20, 18.03.21, 13.03.22, 18.03.23

Hier ein Link zu Beginn der Forsythien-Blüte in Hamburg und der Hasel-Blüte in Geisenheim: hier klicken

Immer wieder interessant: Der Frühling beginnt in Genf offiziell, wenn die ersten Blattspitzen der Kastanie ausschlagen: HIER DER LINK. Über den Zeitpunkt des Blattausbruchs dieser – inzwischen dritten – Rosskastanie gibt es im folgenden Artikel ein Grafik, in der dieses Ereignis für die Jahre 1808 bis 2019 aufgezeichnet ist: HIER DER LINK .

Unterwegs auf dem Gutenbergweg im Rheingau

Es ist stets ein Erlebnis, in den Weinbergen des Rheingaus zu wandern. Mit dem Guide unserer Wandergruppe machte ich eine kleine Vorwanderung, um eine Route zu testen, auf der Karl demnächst führen möchte. Der größte Teil soll dabei auf dem Gutenbergweg gewandert werden und so liefen wir einige Eckpunkte dazu an.

Blick auf die Bubenhäuser Höhe, davor die Weinlage Rauenthaler Baiken mit dem Gutsausschank Baiken

Neben Wein und Rosen trifft man Gutenberg an vielen Stellen der Stadt Eltville – unserem Ausgangspunkt – an. So ist es nicht verwunderlich, dass er neben einer Ausstellung im Kurfürstlichen Schloss auch mit einem Wanderweg geehrt wird, der seinen Namen trägt. Der Gutenbergweg wird als Lehr- und Erlebnisweg für Familien bezeichnet, ist 24 Kilometer lang und leicht begehbar.

Auf 26 Tafeln von A bis Z wird über Gutenberg informiert, beschreibt, wo man sich befindet, und lädt Kinder zum Spielen, Lernen und Mitmachen ein.

Eine andere Tafel habe ich einmal auseinander genommen:

Wir waren jedoch nicht nur zur zum Lesen der Schilder hierher gekommen, haben auch die Gegend genossen. Hier der Blick auf Kiedrich mit der Basilica St. Valentinus und Dionysius:

Zum Abschluss wurde dann noch eine Einkehrmöglichkeit getestet.Test bestanden.

Ein gelungener Ausflug in den Rheingau, bei dem wir ausbaldowert haben, auf welchen Pfaden wir demnächst wandern wollen.

Wie oben berichtet, wurden nur einige Punkte des Gutenbergweges angelaufen, vermutlich wird der Start der Wanderung nicht in Eltville und die Einkehr nicht in einem Lokal in der Fußgängerzone der Stadt sein. Es gibt in Hattenheim eine Gutsschänke, in der wir bereits einige Male eingekehrt sind. Die wird wahrscheinlich Start und Ziel sein auf einer Wanderung auf dem Gutenbergweg.

Über Wandertouren bei Eltville: HIER

Über den Gutenbergweg bei outdooractive: HIER

„Zwischen Plastikgarten und Erlebnisgondel – Naturentfremdung und ihre Folgen“ in NATIONALPARK, Heft 1/2023

„Die Naturentfremdung schreitet weiter voran“. Das ist die Ansicht von Sindy Bublitz, Autorin des Artikels, der in der neuesten Ausgabe von NATIONALPARK als Aufmacher im Titelbild gezeigt wird.

Sichtschutzzäune aus Plastik,Schottergärten und Kunstrasen um unsere Häuser herum werden darin zu Recht moniert. Und in der freien Landschaft wird über die vielen Spuren berichtet, „die auf eine zunehmende Distanzierung des Menschen von der Natur schließen lassen“. E-Biker würden nicht selten offizielle Wege verlassen oder wären auf Wanderwegen anzutreffen. Trittbelastungen führten zu leidenden wertvollen Pflanzenbeständen. Freizeitangebote mit attraktiven Erlebnisgondeln, -Trails, -Spielplätzen kämen dazu. In der Summe beklagt die Autorin große Besucherströme und die negativen Begleiterscheinungen durch das größer gewordene Naturinteresse, das sie als positiv ansieht.

Die Natur sei zu weit weg, gerade auch für Kinder, die in Ballungsgebieten kaum die Möglichkeit haben, sich ihr ausgiebig zu nähern.

Andererseits geben die Naturbewusstseinsstudien des Bundesamts für Naturschutz Grund zur Hoffnung, da erstmals 2019 ein bedeutsamer Anstieg des Bewusstseins für biologische Vielfalt festgestellt werde.

„Soweit, so gut“, kommt Sindy Bublitz zum Schluß, „Wie aktuell die Ausweisung eines Naturschutzgebietes in der Nähe meines Wohnorts zeigt, muss die Akzeptanz für Arten- und Lebensraumschutz vor der eigenen Haustür allerdings noch deutlich zulegen“.

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„SOWEIT, SO GUT!“ Ich wohne in einem Ballungsgebiet, im Rhein-Main-Gebiet am Rande einer Großstadt in einem kleinen Häuschen mit kleinem Garten, den ich liebevoll pflege, und unternehme mehrmals im Monat Tageswanderungen im Odenwald, Spessart, Taunus, Rheingau und in Rheinhessen.

Was die Gärten, deren Gestaltung und Pflege in der Umgebung angeht – überwiegend in der Bebauung der 70er und 80er Jahre des letzten Jahrhundert mit freistehenden 1 Familien- sowie Reihenhäusern, kann ich bestätigen, dass in der Umgebung einige Schottergärten existieren, Kunstrasenflächen sind mir nicht bekannt. Die Reihenhäusergrundstücke sind häufig durch hölzerne Sichtschutzzäune getrennt. Innerhalb der Gärten sind die Eigentümer überwiegend bemüht, mit entsprechender Bepflanzung Insekten und anderes Kleingetier Nahrungs- und Schutzangebote zu machen. Dass das manchmal nicht so gut gelingt, ist an eigenartigen Insektenhotels zu sehen. Man gibt sich aber Mühe.

In einem Neubaugebiet nebenan mit 650 Wohneinheiten, der Hälfte etwa Doppel- oder Reihenhäuser, sind dagegen Hainbuchen als Sichtschutz und Abtrennung zu Nachbarn und Straße üblich.

Um uns herum ist in den Weinanbaugebieten und Obstplantagen (auch Streuobstwiesen) ein Abweichen von den Wegen gar nicht möglich, aber diese Art von „Natur“ meint die Autorin dieses Artikels nicht, wenn sie von der Belastung der Natur schreibt.

Wer jedoch aus Frankfurt, Offenbach, Wiesbaden, Darmstadt oder Mainz in Odenwald, Spessart oder Taunus fährt, kann innerhalb einer Stunde viele Ziele erreichen, in denen man auf einer Tageswanderung nur wenigen Menschen begegnet. Andererseits sei nicht unterschlagen, dass es selbstverständlich die „Attraktionen“ dort gibt, die an Wochenenden die umliegende Natur in hohem Maße belasten, flächenmäßig aber nicht so ins Gewicht fallen.

Es ist natürlich ein Spagat, Menschen – auch mit Freizeitangeboten – mit der Natur vertraut machen zu wollen, Wald, Flur und Getier gleichzeitig jedoch zu schützen. Mein Eindruck ist jedoch, dass dies weitgehend gelingt. Mehr jedenfalls, als es Sindy Bublitz sieht und hier beschreibt.

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Diese Ausgabe von Nationalpark beinhaltet zudem interessante Artikel über den Mittelspecht sowie über die Begegnungen mit Wildtieren im Nationalparks. Ein ausführlicher Bericht über die EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 ist zu lesen, wobei es wie immer eine Frage der Möglichkeit und des Willens zur Umsetzung des Gut- Gemeintes und Notwendigem gerade in Hinsicht auf Klimaziele ist. Außerdem wird ein unbekannter Urwald in Tschechien vorgestellt, als Reiseziel wird der Nationalpark Monti Sibillini empfohlen und auch ein Inselhopping in Nordfriesland.

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Mit meinen Mitwanderern, die sämtlich auch Hobbygärtner sind, wird es vermutlich ausgiebige Diskussionen über die „weiter fortschreitende Naturentfremdung“ geben. Wir wollen uns der Natur weiter nähern und hoffen, dass die Tendenz, die in den Naturbewusstseinsstudien zu erkennen ist, deutlich in diese Richtung geht. Die Ziele zu erkennen und sich entsprechend zu verhalten, dazu regt diese Ausgabe von Nationalpark an ………. und das ist gut so!

Edgar Allen Poes „Der Untergang des Hauses Usher“ als Graphic Novel

Adaptiert von Dacia Palmerino und gezeichnet von Andrea Grosso Ciponte

E. A, Poes Kurzgeschichte The Fall of the House Usher erschien erstmals 1839. 1840 wurde eine überarbeitete Version veröffentlicht, deren erste deutsche Übersetzung 1901 erschien. Die Geschichte ist in Edgar Allen Poe. Das Werk vom Verlag Zweitausendeins (2010) im Abschnitt „Grausige und humoristische Erzählungen“ zu lesen. Und sie ist wahrlich grausig – gruselig, düster, geheimnisvoll.

Was Poe dabei in Worten gelang, greifen Dacia Palmerino und Andrea Grosso Ciponte auf und zeichnen in düsteren schwarz-weiß Bildern mit wenig Text – vermutlich aus der Übersetzung von Gisela Etzel aus dem Jahr 1909 übernommen – die Stimmung zum Schaudern und Gruseln nach. Lediglich die Bilder, die die Rhapsodie „Der verzauberte Palast“, die Roderick Usher mit seiner Gitarre begleitet dem Ich-Erzähler vorträgt, heben sich mit einem zusätzlichen Blutrot von der übrigen Darstellung in der Graphic Novel ab.

Der Inhalt der Poe’schen Kurzgeschichte erschließt sich in den eindrucksvollen Bildern und den knapp gehaltenen Sprechblasen weitgehend und sorgt dafür, dass der ursprüngliche Geist der Geschichte erhalten bleibt, teilweise sogar verstärkt wird.

Somit ist die Transformation des fast 200 Jahre alten Werks in die Welt der heutigen Medien eine gelungene Art, Poe neu zu erzählen.

Aus dem Klappentext geht hervor, dass Andrea Grosso Ciponte bei dieser Arbeit zum ersten Mal mit einer KI-gestützten Software gearbeitet hat. Ein gelungenes Experiment!

Wer noch einmal in die ursprüngliche Form der Erzählung eintauchen möchte, dem sei empfohlen, eine der zahlreichen Ausgaben zu lesen, die teilweise auch kostenfrei im Netz verfügbar sind. Eine Kurzfassung des Inhalts und Deutung der Geschichte ist unter dem Titel der Kurzgeschichte bei Wikipedia zu finden.

Fazit: Eine Graphic Novel, mit der es gelungen ist, die grausige Geschichte vom Ende des Hauses Usher so darzustellen, dass E.A. Poe vermutlich davon beeindruckt gewesen wäre. Für mich ein Vergnügen, sich auf diese Weise mit dem Werk des amerikanischen Schrifstellers zu befassen.

– – – O – – –

Das Buch ist in der Reihe Dust Novels in der Edition Faust erschienen (2023), aus dem Italienischen übersetzt von Myriam Alfano

Christoph Marx: Deutsche Geschichte in 100 Zitaten

Vom traumatisierten römischen Kaiser Augustus mit „Varus, gib mir meine Legionen zurück“ bis Angela Merkels „Wir schaffen das“ führt Christoph Marx Höhepunkte und dunkelste Ereignisse deutscher Geschichte aus 2000 Jahren auf. Darunter sind viele, die jeder irgendwann im Laufe der Schulzeit gehört hat, aber auch zeitgeschichtliche, die wir mit erlebt haben.

Die Zeitachse ist dabei in acht Abschnitte unterteilt, beginnend nach Christi Geburt mit Zitaten aus dem 1. Jahrtausend. Der Zeit nach dem 2. Weltkrieg sind die beiden letzten Kapitel gewidmet, zunächst das aus der Zeit der zwei Deutschlands, zuletzt eines aus den Jahren seit der Wiedervereinigung. Das aktuellste Zitat stammt aus den Coronajahren: Jens Spahns „Wir werden einander viel verzeihen müssen“.

Jedes Zitat wird auf zwei Seiten beschrieben. Ursprung, die dazugehörige Geschichte und Bedeutung werden erläutert. In einem kurzen Block der Urheber genannt – sei es Kaiser, Gewerkschaftler, Dichter, Kanzler oder Revolutionär. Nicht alle, heute oftmals als Redewendungen genutzten Zitate sind so überliefert, wie wir sie ursprünglich waren. Andere stammen aus Dramen wie das Götz von Berlichingen-Zitat. Über letzteres erfahren wir, dass Goethes Held dabei einen zu früherer Zeit schon gängigen demütigenden Spruch ausgesprochen hat.

Kriege und Religion waren oftmals Ursache für Aussprüche, die in diesen Zitatenschatz eingegangen sind. Luthers „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ und „Ich wollt, es wäre Nacht oder die Preußen kämen“ des Duke of Wellington sind Beispiele dafür. Häufig ist gar nicht mehr allgemein bekannt, zu welchem Anlass die Worte gesagt wurden. Da hilft dieses Buch, die Situation, in der sie gesagt wurde, wieder zu verstehen. Bei Angela Merkels Spruch, abgeleitet aus Obamas „Yes, we can“, waren wir dabei. Den vergessen wir nicht, wobei neben den sehr ernsten Zitaten auch Aussprüche für Heiterkeit sorgten – wie „Das Internet ist für uns alle Neuland“, ebenfalls von Angela Merkel, allerdings zu einer Zeit gesagt, in der das Internet für viele schon ein alter Hut war.

Derartige Sammlungen, die wie diese auf 100 Zitate beschränkt sind, können selbstverständlich nicht vollständig sein. Über Norbert Blüms „Die Renten sind sicher“ oder „Unter den Talaren der Muff von 1000 Jahren“ der Studentenbewegung der 60er des letzten Jahrhunderts hätte ich gern hier gelesen. Dennoch zeigt diese Sammlung einen guten Überblick über die deutsche Geschichte und wie sich Persönlichkeiten in guten wie in schlechten Zeiten geäußert haben. Dabei ist auch zu sehen, wie sich im Laufe der Geschichte Sichtweisen und die Geschichte selbst geändert haben. Die Zeit, in der die Sicherheit Deutschlands auch am Hindukusch verteidigt wurde, ist schon längst Geschichte, obwohl erst 20 Jahre seit dem Ausspruch vom damaligen Verteidigungsminister vergangen sind.

Nicht alle Zitate waren mir bekannt, bei anderen kannte ich die Geschichte dazu nicht. Viele kamen mir vor wie alte Bekannte, bei denen man sich freut, wenn man ihnen nach längerer Zeit wieder begegnet. Ein lesenswertes Buch, verständlich und informativ.

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Christoph Marx: Deutsche Geschichte in 100 Zitaten, mit Illustrationen von Dieter Wiesmüller, erschienen 2023 im Duden Verlag

Es wird!

Die ersten Blüten kommen zwischen den Blättern der Schneeglöckchen hervor.

Graugänse schnattern in mehreren Wellen über uns gen Norden. Seit einer Woche scheint zum ersten Mal die Sonne.

Frühling wird’s! Wird’s Frühling?

Es ist noch nicht Februar und Märzschnee hatten wir auch vor einigen Jahren. Aber freuen auf den Frühling, das mache ich schon.

Halbritters Tier- und Pflanzenwelt – Ein Beitrag zur Naturgeschichte ….

Als ich neulich HACKES TIERLEBEN an dieser Stelle vorstellte, eine amüsante Beschreibung von 26 Tierarten aus dem Blickwinkel Axel Hackes, fiel mir wieder ein Buch ein, das vor fast 50 Jahren erschienen ist. Seitdem steht es im Bücherregal, wird ab und an abgestaubt oder hervorgeholt, um mich wieder einmal daran zu erinnern, welchen Beitrag Kurt Halbritter mit seiner „Naturgeschichte für alle Schichten des Volkes. Mit vielen Illustrationen des Verfassers“ 1975 damit geleistet hat.

Halbritters Karikaturen wurden im Satiremagazin pardon und auch in der FAZ veröffentlicht, zudem wurden seine Werke in Büchern veröffentlicht wie diesem.

Es stellt sich die Frage: In welche Ecke des Bücherregals stellt man es hin? Zu den Comics oder neben Hans Traxler und F. K. Waechter oder zu den Erotica oder gar in die Schmuddelecke, in der sexistische und nicht der Political Correctness entsprechende Bücher versteckt sind.

Schaut man sich das Cover der 1. Auflage an, das Beinhorn, und liest auf Seite 46 die dazugehörige Beschreibung, kommen mir meine Zweifel, ob ich über dieses Buch noch berichten darf, ohne in übler Weise als Sexist beschimpft zu werden. Ich zitiere trotzdem:

Mit seinen zwei stattlichen Beinhörnern ausgestattetes, langhaariges und klettertüchtiges Horntier der Sohlomiten.Nur im strengen Winter sucht es tiefer gelegene Regionen auf; bewegt sich meist in einer Höhe zwischen 8000 und 12000 Fuß, wo es manchen Jäger irreführt. Sein erotisches Beinhornspiel verwirrt und erregt in der Regel so, daß die Fähigkeit eines genauen Blasrohr-Schusses abhanden kommt.

(Sollte neben oben angedeuteten möglichen Beschimpfungen noch der Vorwurf auf falsche Rechtschreibung erhoben werden, erkläre ich zu meiner Entschuldigung, dass dieses Zitat aus der 1. Auflage von 1975 entnommen wurde, vor der Rechtschreibreform von 1996 und den Reförmchen von 2004, 2006, 2022, 2014 und 2016).

So werden Tiere im ersten Teil sowie Pflanzen im 2. Teil Illustrationen gezeigt und beschrieben, die primären Geschlechtsmerkmale in in wesentlichen Bestandteilen ähneln, so der Schlappschwanzige Hodenpimmler oder die Busenqualle. Dagegen ist das Grafittchen, ein Bleistift-artiges Tier jugendfrei über jeden Schreibtisch krabbelnd vorstellbar.

Das schreibe ich deshalb so, da ich in einem Online-Antiquariat in einem Angebot gelesen habe: Altersfreigabe FSK ab 58 Jahre. Nun denn. Da die Leser dieses Blogs vermutlich schon alle beim Erscheinen dieses Buches volljährig waren, habe ich keine Bedenken, dieses Buch vorzustellen. Es ist nicht mehr im Buchhandel als Neuware zu beziehen, letztmals erschien 2014 eine Ausgabe im Eichborn Verlag, die aber auch nicht mehr auf der Website des Verlags aufgeführt ist. Zwischendurch hat es noch andere Ausgaben gegeben, zwar mit dem vollständigen Inhalt, aber einem „züchtigen“ Cover.

Nun stelle ich das Buch wieder zurück ins Regal, aber wohin nur?

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Kurt Halbritter: Halbritters Tier- und Pflanzenwelt. Ein Beitrag zur Naturgeschichte für alle Schichten des Volkes. Mit vielen Illustrationen des Verfassers, erstmals erschienen 1975 im Carl Hanser Verlag.

Zu erwähnen ist noch: Die wissenschaftliche Klassifizierung der bereits in Vergessenheit geratenen Formen der Fauna und Flora aufgrund alter Nachschlagewerke, ist Friedrich Bohne, Hannover, zu verdanken.

Würdiger Nachfolger für Brehms und auch Grzimeks Tierleben: HACKES TIERLEBEN

Es ist ja ein alter, mehrbändiger Schinken, dieses vor über 150 Jahre erschienene Werk des Zoologen und Schriftstellers Alfred Brehm, dunnemals noch mit dem Titel Illustrirtes Thierleben. Professor Bernhard Grzimek veröffentlichte etwa 100 Jahre später eine dreizehnbändige Tierenzyklopädie mit dem Titel Grzimeks Tierleben, in der der Zoodirektor, Serengetiforscher, Fernsehstar usw. rund 8.000 Tiere beschrieb.

Vor 25 Jahren trug sich Axel Hacke in die Reihe der Tierleben-Schreiber und -Beschreiber ein, der zwar nicht so umfangreich, jedoch mit großem Wissen – einschließlich Zitaten von Goethe, Rilke und altgriechischen Polymathen – über 26 Tierarten berichtet.

Dies jedoch in einer modifizierten Art, beschreibt er doch nicht nur Aussehen und Anatomie, Herkunft, Lebensraum und -gewohnheiten der verschiedenen Spezies, sondern weitere bemerkenswerten Eigenheiten, die Tiere und deren mögliche Verwendung betreffend. So folgt überlegt Hacke, ob Elefanten in Schäferhundgröße als Haustier gehalten werden könnten. Ausgehend davon, dass sowieso alle großen Tiere wie die Dinosaurier bereits ausgestorben und Wale auch schon am Aussterben seien. Ein Vorschlag, über den man nachdenken sollte.

Am heimischen Rothirsch lässt der Autor wenig Gutes. Insbesondere stört ihn das ewige Geröhre, die Geweihprotzerei und vieles andere. Die Frage wird aufgeworfen, wie sinnvoll ein Geweih überhaupt sei, stellt man sich vor, Menschen würden es tragen. Wie wäre es in Bussen und Bahnen, beim Schlafen? Andererseits könnte daran eine Aktentasche getragen werden. AKTENTASCHE! Heiliger Bimbam, ist das Buch veraltet. LAPTOPTASCHE, Herr Hacke! Leser werden erkennen, dass das Buch dringend einer überarbeiteten Neuauflage bedarf. Handtaschentragende Leserinnen werden diese Notwendigkeit wohl nicht feststellen, da einerseits Clutch oder Pochette nach wie vor getragen werden, wobei die Hirschweiblichkeit jedoch über keine Tragemöglichkeit mit Hilfe eines Geweihs verfügt.

So hat jedes hier vorgestellte Tierchen seine Eigenarten. Und der Kakerlak erscheint sympathisch. „Die verlogene Art, mit der sich gewisse andere Tiere beim Menschen beliebt zu machen verstehen, ist Schabensache nicht.“

Dieses Werk, das vor wenigen Jahren in einer großformatigen Sonderausgabe vom Kunstmann Verlag neu herausgegeben wurde, ist es wert, erweitert zu werden, zeigt es doch eine neue Sicht vom Tier auf uns und von uns auf’s Tier. Wenn dann noch Michael Sowa wie im vorliegenden Band mit herrlichen Bildern den Text verdeutlichen würde, wäre Menschheit und Tierreich ein großer Gefallen getan.

Ein weiterer Pluspunkt von Hackes Tierleben: Es ist nicht tierisch ernst. Und so möchte ich auch meinen Beitrag mit dem Vergleich zu Brehms und Grzimeks Werk auch sehen.

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Axel Hacke: HACKES TIERLEBEN. erschienen im Verlag Antje Kunstmann (1995), hier in der großformatigen Neuausgabe von 2018, mit Bildern von Michael Sowa

Die Last des Vogels unter Schnee

Den Leserinnen und Lesern dieses Blogs brauche ich nicht erklären, wie unsere gefiederten Freunde im Winter aber auch im übrigen Jahr von uns unterstützt werden können, um einen weiteren Rückgang der Population zu verhindern. Das Ergebnis der diesjährigen „Stunde der Wintervögel“ ist ja recht niedrig ausgefallen.

Nein, hier möchte ich nur noch einmal zeigen, wie es letzten Samstag nach dem Schneefall am Abend zuvor im Garten ausgesehen hat.

Foto vom 21. Januar 2023, Wiesbaden (Hessen)